Zwei lange heiße Tage mit vollem Programm auf und neben der Piste beim nördlichsten Bergrennen Deutschlands. 162 Teilnehmer aller Couleur und das Rahmengeschehen strapazierten den Zeitplan und das 2030 Meter lange Asphaltband des Uphöfener Berges im Osnabrücker Land am 03. und 04. August 2013 gleichermaßen. Vor allem im dritten Wertungslauf am Sonntag waren die Bedingungen zumindest zeitweilig grenzwertig, beeinflussten zum Teil die Resultate, sorgten für überraschende Wendungen. Auch in den Klassen des KW Berg-Cups Gruppe H, wie wir gleich erfahren werden.

Der zurzeit einzige 1150er Gruppe H 16-Ventiler – das Schneider Polo Coupé – wird im „hohen Norden“ von Jürgen Schneider himself pilotiert. Von Anfang an nimmt er das (Klassen-) Heft fest in die Hand, tobt im Training genauso vorne weg wie in Rennlauf eins und zwei. Beruhigende 5,474 Sekunden beträgt sein Vorsprung auf Tobias Stegmann im Schneider Audi 50 bereits, dem wiederum Tobias Klimsa (Schneider Polo) mit dem Minimalabstand von 19 Hundertstelsekunden im Nacken sitzt. Zu diesem Zeitpunkt ist Peter Richter schon zum Zuschauen verurteilt. Im ersten Heat macht eine Ventilspiel-Einstellkappe schlapp, bricht und zwingt den Entsorgungsberater dazu, den Capricorn Polo abzustellen. Jürgen Schneider seinerseits beschließt nun, sichere „Big-Points“ aus Osnabrück mitzunehmen. Aber erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. Er startet zum dritten Run, beschleunigt, bremst die erste Kurve früher an als sonst, lenkt ein, wählt eine enge Linie. Urplötzlich bricht das Polo Heck aus. So unerwartet und untypisch, dass Jürgen es nicht mehr einfangen kann, breitseits rutscht der Polo in die Reifenstapel. Vorbei. Ein technischer Fehler lässt sich – auch bei nachträglicher Untersuchung – nicht finden, dafür ein großes Stück Asphalt auf dem in der Linkskurve stark belasteten rechten Hinterreifen. Von da an sind die 8-Ventiler unter sich. Das Zwischenklassement nach dem dritten Wertungslauf hat bis Rennende Bestand. Der Sieger heißt Tobi Stegmann. Er gewinnt vor Tobias Klimsa (P2) und Bernd Deutsch (P3) im zweiten Schneider Audi 50. Vierter ist Rolf Rauch im positanogelben Fiat 128 Coupé. Lena Sieberts Autobianchi fällt in der dritten Auffahrt der Defekthexe zum Opfer, die anscheinend ihr Domizil an der Märchenstraße verlassen hat um mit dem KW Berg-Cup auf Tournee zu gehen.

{youtube}Zpkp_4bvg_8{/youtube}

Die 1,3-Liter sortieren sich im Training in der Reihenfolge Manfred Konrad (VW Corrado 16V/P1), Armin Ebenhöh im Minichberger Polo 16V (P2) und dem jungen Marcel Hellberg im Dingerdissen Polo (P3). Vierter ist Gerhard Moser, der mit Aussetzern am grünen Polo 16V hadert und die dritte Probe-Auffahrt nicht mitmachen kann. Zwei aus diesem Quartett können sich mit der Trainingsreihung nicht wirklich anfreunden, wollen das Ranking am Sonntag drehen. Mit Erfolg. Der 1300er Spitzen D-Zug besteht von Lauf eins bis nach Lauf vier aus Armin Ebenhöh (Sieger), Manfred Konrad (P2) und Gerhard Moser (P3), der nach langem Schrauben nun zwar keine Aussetzer mehr hat, sich dafür aber mit Leistungsmangel abfinden muss, und Marcel Hellberg als Viertem. Die Abstände sind knapp, die Reihung aber ist konstant. Von Klassenplatz fünf an aufwärts findet die Auseinandersetzung der eingeschriebenen KW 8V-Trophy Teilnehmer statt. Frank Lohmann im Steilheck Polo (8V-P1), Christof Hörnig (VW Polo/8V-P2) und Nils Abb im Schneider Polo (8V-P3) liegen nach dem ersten Heat in einem Mini-Zeitfenster von lediglich 0,306 Sekunden zusammen. Markus Hülsmann folgt bei seinem Heimspiel im VW Golf mit leichtem Respektabstand als 8V-Vierter. Alle freuen sich auf den zu erwartenden Dreikampf, der das bekannte Eichenbühler Duell zwischen Christof Hörnig und Nils Abb beinhalten wird. Doch auch hier kommt es anders. Im Vorstart vermisst Christof Hörnig den Vortrieb, muss aufgeben. Damit sind die 1,3-Liter KW 8V-Trophy Podestplätze frühzeitig verteilt. Auf der höchsten Stufe steht Nils Abb (8V-P1), flankiert von Frank Lohmann (8V-P2) und Markus Hülsmann als Drittem.

Auch die 2-Liter Klasse schreibt ihre eigene, ereignisreich-spannende Story, steht final im Zeichen von „Jugend forsch“. Danach sieht es im Training noch nicht ganz aus. Dieter Rottenberger setzt die Bestzeit vor Patrick Orth im BMW 320iS, Roman Sonderbauer, André Wiebe im Renault Williams Wiebe Laguna und Frank Brügge im Brügge Golf 16V. Am Sonntagmorgen sind nicht nur die Fahrer früh auf, sondern auch die Defekthexe, die zum Frühstück neue Opfer sucht. Der BMW 318i STW von Dieter Rottenberger gefällt ihr besonders gut. Davon will sie ein leckeres Stück, am besten von den Motorinnereien. Als blinder Passagier ist sie im ersten Wertungslauf an Bord, knabbert genüsslich an einem Ventilteller. Das gefällt dem Vierzylinder Triebwerk nicht wirklich, es reagiert mit Powerschwund, Dieter stürzt auf Position zehn zurück. Nach erfolgter Diagnose bleibt das ex-STW Auto im Fahrerlager, Dieter muss sich vom Wettbewerb abmelden. Roman Sonderbauer erweist sich als Schnellstarter, sprintet an die Spitze, dicht gefolgt von Patrick Orth und André Wiebe. Jens Weber (Kadett16V/P4) und Thomas Flik im Renault Clio Williams komplettieren die Top-Fünf. Johann Hatezic ist schnellster 2-Liter 8-Ventiler vor Bernhard Lang (Ford Escort RS 2000 Spezial) und Alex Konstanzer (Kadett C-Coupé). Der zweite Run ändert an der Spitze nichts, aber es bleibt eng, für Fehler oder sonstiges ist kein Spielraum. Die Defekthexe ihrerseits hat mittlerweile das BMW Ventiltellerstück verdaut, ihr ist nun langweilig, sie will einen neuen Streich spielen. Ein klitze-kleiner würde ihr schon reichen. Überlegt – getan. Ein zweites Mal mischt sie die 2-Liter Klasse durcheinander. Sie fährt im Ziegler Kadett 16V von Roman Sonderbauer mit, gießt etwas Kühlwasser auf einen Vorderreifen. Kühlung ist bei den herrschenden Außentemperaturen zwar generell gut, aber nicht an dieser Stelle. Der Slick schmiert fortan, Roman verliert im Vergleich zu seinem vorhergehenden Lauf 1,309 Sekunden – in diesem Klassefeld eine Welt. Patrick Orth geht an die Spitze, führt nun mit 0,792 Sekunden vor Roman. Durch das Hexenwerk ist André Wiebe bis auf 11 Hundertstel an diesen heran gekommen. Ein Finale Furioso steht ins Haus. Junior Patrick Orth bleibt hoch motiviert und nervenstark auf Erfolgskurs, fährt zum Abschluss persönliche Bestzeit und gewinnt erstmals bei einem KW Berg-Cup Lauf nicht nur die H 2-Liter, sondern im Handstreich auch die H-Gruppenwertung. Bei Roman hat die böse Hexe nicht nur die Zeit im dritten Heat ruiniert, sondern sie nimmt ihm auch den optimalen Rhythmus für den finalen Show-Down. Mit einer weiteren tiefen 1:04er Zeit schlüpft so auch noch Youngster André Wiebe vorbei auf Platz zwei. Als Dritter rettet Roman aber wichtige Zähler im Fight um das KW Berg-Cup Gesamtklassement 2013, das jetzt wieder völlig offen scheint und noch lange nicht entschieden ist. Jens Weber lässt sich von Schlussrang vier genauso wenig verdrängen wie Thomas Flik von Position fünf. Als Klassensechster ist Johann Hatezic im Opel Ascona B 2-Liter KW 8V-Trophy Sieger. Bea Flik (Renault Megane Coupé/P7), Bernhard Lang (P8/8V-P2), Alex Konstanzer (P9/8V-P3) und Gaststarter Wilko de West (Opel Kadett C-Coupé) komplettieren die Top-Ten. Der Berliner Joachim Manger (Opel Kadett) beendet seine Reise in die Borgloher Schweiz als Vierter der 2000 Kubikzentimeter 8-Ventiler Wertung.

Die Selbstzünder-Diesel-Abteilung ist in Osnabrück gut besetzt. Vier Teilnehmer bewerben sich um den Siegeslorbeer. Die Trainingsbestzeit wird zur Beute von Andreas von der Haar im VW Golf V R-TDI. Im Rennen selbst setzt Christian Triebstein im Alfa Romeo 147 JTD Cup die Akzente, geht mit lediglich 22 Hundertstelsekunden in Führung. Alles andere als ein beruhigendes Polster. In Run zwei greift Andreas von der Haar nochmals heftig an, verkürzt seinen Rückstand auf Christian sogar auf 13 Tausendstelsekunden. Doch Christian Triebstein behält die Nerven und die Führung. Denn in der dritten Auffahrt verliert sein direkter Gegenspieler entscheidende Zeit, Christian fährt sich frei und gewinnt schlussendlich relativ deutlich. Rang zwei geht an Andreas von der Haar, als Dritter sichert sich Manfred Pape (VW Golf V R-TDI) den letzten noch freien Podestplatz der Gruppe H-Diesel, die in Osnabrück echt spannend ist.

Gewohnt souverän gestaltet Markus Wüstefeld im Mercedes Benz AMG 190E EVO II seinen Auftritt am Uphöfener Berg. Spiel, Satz und Sieg wäre die Beschreibung dafür in der Tennis Sprache. Schnellste Übungszeit am Samstag und Klasse-Klassengewinn am Sonntag mit 11,385 Sekunden Vorsprung heißt die Übersetzung in den Bergrenn-Fachjargon. Ralf Iwan fährt im Überliter Opel Kadett auf Position zwei. Dritter wird Thomas Ostermann im BMW E30 Hartge, der sich auch den 2-Ventiler Siegerpokal seiner Klasse sichert. Manfred Kronlachner verbessert sich im Toyota MR2 Turbo von Lauf eins zu Run zwei erfreulich. Im dritten Heat reißt ihn ein Dreher aus dem Wettbewerb. Wo? In der ersten Kurve nach dem Start. Warum? Bislang ungeklärt.

Da das „46. Internationale Osnabrücker ADAC Bergrennen“ unter anderem auch die  Top-Prädikate FIA Hill Climb Challenge und FIA Hill Climb Cup erhalten hat, werden nur die DMSB Gruppen FS (Freestyle) und E1-Bergrennen gemeinsam gewertet, die FIA Gruppe E2-SH, wie vom internationalen Reglement gefordert, separat. Dennoch sind deren Fahrzeuge per Ausschreibung verfügt zur Division I der Tourenwagen zu rechnen und zu werten.

Wie fast schon üblich sind die 1300er und 1600er FS/E1 völlig regelkonform zusammen gelegt. Homburg Sieger Manfred Schulte treibt sein Citroen AX Kit-Car zur Samstags-Bestzeit vor Franz Weißdorn und Tobias Auchter. Im Rennen wendet sich das Blatt. Franz Weißdorn im VW Polo 16V mit dem Honda-Motorrad-Zylinderkopf und Tobias Auchter im Zöllner Corsa 16V präsentieren sich zum Auftakt bestens ausgeschlafen und top-motiviert. Im Formationsflug stürmen sie an die Spitze, Franz liegt 68 Tausendstel vor Tobias, weitere 77 Hundertstel zurück erreicht Manfred das Ziel. In diesem Stil geht es weiter, erst im dritten Heat kann sich der völlig entfesselt auftrumpfende Franz Weißdorn etwas Luft nach hinten verschaffen. Die Messe scheint gelesen. Wenn, ja, wenn da nicht diese Geschichte mit dem Frischhalten gewesen wäre. Nicht mit dem Frischhalten der Piloten, das funktioniert. Sondern mit dem Frisch- und Sauberhalten der Reifen. Wozu Folie benützt wird, die die Laufflächen der Reifen auf der Fahrt vom Paddock zum Vorstart schützt. Wo man sie abnimmt. Das wird bei Franz vergessen. Und niemand sieht es, niemanden fällt es auf. Franz legt los, zieht die Gänge durch. Die Folien auf den angetriebenen Vorderrädern sind der Polo Motorenpower nicht gewachsen und zerbröseln. Die Folien hinten bleiben vom Bomben-Start völlig unbeeindruckt, harren da aus, wo sie sind, wollen mit nach oben. Ihnen entgeht völlig, dass sie das Fahrzeug Gesamtkonzept gewaltig durcheinander wirbeln. Das wird beim ersten Anbremsen und Einlenken schlagartig deutlich. Urplötzlich bricht das Polo Heck aus. So unerwartet und untypisch, dass Franz es nicht mehr einfangen kann, der Polo rutscht in die Reifenstapel. Vorbei. Aber diesen Vorgang kennen wir ja schon. Woher? Richtig, aus der 1150er Klasse der Gruppe H. Ob man dieses Geschehen nun auch noch der in diesem Bericht bereits kräftig strapazierten Defekthexe in die Schuhe schieben kann, oder es eher in den Bereich Kuriositäten, Pleiten, Pech und Pannen einordnen muss, dürft Ihr, liebe Leser, selbst entscheiden. Entschieden ist dadurch definitiv die Klassenwertung. Tobias Auchter gewinnt vor Manfred Schulte, Dritter wird Thomas Stelberg, der in Osnabrück den hubraumstärkeren der beiden Schneider Polo 16V pilotiert.

In Abwesenheit von Peter Naumann und Ralf Kroll ist die 2-Liter Klasse ungewohnt früh und deutlich einjustiert. Hansi Eller im Minichberger Scirocco 16V auf Goldkurs, Andrä Schrörs auf seinem Talbot SMG-Lotus unterwegs zu Silber und Ingo Lorig (VW Golf 16V) als sicherer Anwärter auf Bronze. Das hat Bestand in den Samstags-Probegalopps, das hat Bestand in Rennlauf Nummer eins, zwei und drei. Im vierten Run wird es dem Lorig Golf zu viel oder zu spät. Wie auch immer, er beschließt sofort und mitten auf der Strecke Feierabend zu machen, sehr zum Unmut seines Piloten, der daran jedoch nichts ändern kann. So geht der vakant gewordene Podestplatz des Klassendritten in einer „last minute“ Aktion an Ben Lintgen und seinen Ford Puma Cup, der in Osnabrück um Punkte zur Luxemburger Bergmeisterschaft kämpft.

Über 2000 Kubikzentimeter ist Herbert Stolz im Porsche 935 DP II erfolgreich. Vor dem Porsche GT3 RSR von Frank Neugebauer (P2) und Jürgen Gerspacher (P3) im Lancia Delta S4 Abarth. Ja, ich höre die Frage: „Wo Jürgen Gerspacher ist, ist doch Bruno Ianiello normalerweise nicht weit?“ Stimmt. Raketen Bruno ist vor Ort, ist im Training drittschnellster Tourenwagen. Aber noch vor dem Rennbeginn zerbröselt es den zweiten Gang seines Lancia – Feierabend am Morgen. Der Ehrenplatz des Vierten geht an Rallye-Crosser Tom Einar Aaserud aus Norwegen, der nächstes Jahr mit seinem Volvo S40 16V wieder in die Borgloher Schweiz kommen möchte. Verstärkung aus Skandinavien inklusive. Sollte der Veranstalter nicht schon mal vorausschauend an eine kurze Schotterpassage denken? Als Alternative, falls es mit der neuen Asphaltdecke doch nicht klappen sollte. Die Sprecherkabine müsste dann allerdings wo stehen? Richtig, 100 Punkte: Genau vor dem unbefestigten Streckenteil, beste Sicht auf das zu erwartende Spektakel generierend. So, bitte ganz ruhig, keine Aufregung, ich kehre ab sofort wieder zur seriösen Berg-Berichterstattung zurück. Aber schön wäre das mit dem Schotter schon? Oder etwa nicht? Doch nichts für ungut, es war auch so schön, sehr schön sogar.

Vor Ende dieses Berichts ist auf alle Fälle unbedingt noch von den Großtaten eines gewissen Henry Walkenhorst aus Melle zu berichten, der nicht vom Rallye-Cross stammt, sondern mit seinem knapp 500 PS starken BMW Z4 GT3 auf den Langstrecken dieser Welt zuhause ist. Er treibt seinen soundgewaltigen Renner, der sich im vollen 24 Stunden Trimm präsentiert, zu absoluten Bergsprint Top-Zeiten. Belegt hinter Klaus Hoffmann im Opel Astra V8 DTM und noch vor Dan Michl im Lotus Evora Hartley den megastarken Platz zwei in der Tourenwagen-Gesamtwertung. Ein echtes Highlight. Ein echt starker Pilot. Und eigentlich hat er ja versprochen nächstes Jahr wieder zu kommen. Sollte man den Schotter deshalb vielleicht doch lieber weglassen?

So, liebe KW Berg-Cup Freunde. Soviel von Osnabrück. Und noch vor der nächsten KW Berg-Cup Tournee-Station in der Rhön, am Hauenstein, am 17. und 18. August 2013, gibt es eine ausführliche Betrachtung aller KW Berg-Zwischenstände. Für beide Divisionen, für die Gesamtwertung, für die KW 8V-Trophy, für die Rookie und für die KW Berg-Cup Ravenol Youngster Wertung. Bis dahin. Bleibt fit, bleibt gesund, kommt gut über das KW Berg-Cup rennfreie nächste Wochenende. Wir sehen uns in Hausen in der Rhön. Ehrensache.





Facebook

Zum Seitenanfang